"Tateinheit/Tatmehrheit
Verletzt die selbe Handlung mehrere Rechtsvorschriften, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder eine solche Rechtsvorschrift mehrmals, so wird nur eine einzige Geld-buße festgesetzt. Dabei bestimmt sich die Geldbuße nach der Rechtsvorschrift, mit der die höchste Geldbuße angedroht wird. Werden durch mehrere rechtlich selbständige Handlungen mehrere Ordnungs-widrigkeiten begangen, so wird für jede eine Geldbuße gesondert festgesetzt(§ 20 OWiG)"
"Tateinheit, Tatmehrheit
Häufig in Tateinheit (§ 19 OWiG) begangene Verstöße sind im Tatbestandskatalog berücksichtigt. Soweit dies nicht der Fall ist, ist der Tatbestand mit dem höchsten vorgesehenen Regelsatz auszuwählen. Es ist zweckmäßig, die nicht verfolgten Zuwiderhandlungen aktenkundig zu machen. Bei Tateinheit zwischen gleichgewichtigen Ordnungswidrigkeiten ist die Bearbeitung im herkömmlichen Verfahren notwendig.
Fälle der Tatmehrheit (§ 20 OWiG) sind nicht in den Tatbestandskatalog aufgenommen worden. Die in Tatmehrheit zueinander stehenden Ordnungswidrigkeiten sind jeweils einzeln zu ahnden; jede einzelne Geldbuße ist im Bußgeldbescheid gesondert auszuweisen und § 20 OWiG anzugeben. Von der Verfolgung nicht ins Gewicht fallender Ordnungswidrigkeiten kann abgesehen werden.
Grobformel zur Unterscheidung von Tateinheit und Tatmehrheit
Als tateinheitliche Verstöße im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeuges sind solche zu werten, die zur selben Zeit am selben Ort von der selben Person begangen werden und gemeinsam durch das Merkmal "Führen eines Fahrzeuges im öffentlichen Verkehr" verbunden sind, sogenannte "Handlungseinheit"; entscheidend ist also, ob bei "natürlicher Betrachtung" eine Handlung gegeben ist. Das gilt insbesondere, wenn sich eine Dauertat und ein anderer Verkehrsverstoß zeitlich überlagern.
Beispiel:
So steht das Fahren mit einem technisch mangelhaften Fahrzeug regelmäßig mit während dieser Fahrt begangenen Zuwiderhandlungen gegen StVO-Verbote in Tateinheit. Mangelhafte Bereifung und Überholen im Überholverbot (BGH VRS 52, 129); Überladung, mangelhafte Bremsanlage und zu hohe Geschwindigkeit (OLG Karlsruhe VRS 51, 76).
Von Tatmehrheit spricht man dann, wenn der Täter durch mehrere selbständige Handlungen mehrere Tatbestände erfüllt oder aber denselben Verstoß mehrmals begangen hat (Handlungsmehrheit = Tatmehrheit).
Ausnahmen von der Grobformel:
Die Ordnungswidrigkeiten stehen nur dann in Tateinheit zueinander, wenn Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen vorliegt, so dass die isolierte Betrachtung der einen Zuwiderhandlung nicht möglich ist, ohne aus der anderen ein notwendiges Teilstück herauszulösen. Nur gelegentlich bei einer Fahrt, die eine Dauerordnungswidrigkeit darstellt, begangene Verkehrsverstöße stehen dagegen zu dieser in Tatmehrheit (BGH VRS 52, 129).
Hieraus ergibt sich:
Zeitlich zusammenfallende Begehungsdelikte stehen zueinander in Tateinheit;
Begehungsdelikte und Unterlassungsdelikte stehen in der Regel zueinander in Tatmehrheit.
Beispiele für Tatmehrheit:
-Nichtvornahme der Eintragung in das Schaublatt des Fahrtenschreibers und während der Fahrt begangene Überholverstöße (OLG Hamm VRS 60, 50);
-Fahrt mit mangelhaften Reifen und unterlassene Anmeldung zur Hauptuntersuchung (OLG Stuttgart, Justiz 1981, 25);
-Unterlassen des Gurtanlegens und Geschwindigkeitsverstoß;
-Unterlassen des Gurtanlegens und Abstandsverstoß.
Beim Zusammentreffen mehrerer Unterlassungen besteht Tateinheit nur dann, wenn die vom Täter geforderten Handlungen dem gleichen Zweck dienen, also identisch sind. Ob dies der Fall ist, muss im Hinblick auf die Handlungspflichten beurteilt werden, die durch Unterlassung verletzt worden sind. Sind mehrere Pflichten durch "ein und dieselbe Handlung" zu erfüllen, so wird in ihrer Unterlassung nur eine Handlung gesehen werden können. Sind umgekehrt mehrere Handlungen erforderlich, um mehreren - selbst gleichartigen - Pflichten nachzukommen, so sind in ihrer Nichtvornahme in aller Regel mehrere Unterlassungen zu finden, es ist also Tatmehrheit gegeben (BGH St. 18, 376, 379).
Beispiel:
Unterlassen des Gurtanlegens und Fahrzeug nicht rechtzeitig zur fälligen Hauptuntersuchung vorgeführt."