Tag 1
So Jungs, der erste Tag ist geschafft.
Es macht unfassbar viel Spaß. Die 350er ist kaputt, ich habe eine 250er Freeride. Die ist im Gelände weiß Gott nicht untermotorisiert. Einer unsere Guides fährt sie auch.
Von Waldstücken über Schotter und Geröllwege bis zu Kies- und Sandgrube ist alles dabei. 200 km. Wellen, Hindernisse, Senken, Sprünge und Muthügel. Ein Mal hab ich an einer Abfahrt gekniffen und 2 mal gelegen. Die KTM hält das alles aus. Sie klingt wie ein kaputter Traktor, hat null Laufkultur, eine übelst harte
Gasannahme und gewaltigstes
KFR.
Erkenntnis bin Tag 1: Sand ist das Endmonster. Auf Sand schnell fahren ist die Härte. Man muss richtig stehen, darf nie vom Gas gehen und braucht Mut.
Schlamm ist wie Sand... nur nasser.
Auch über den Anbieter kann ich (fast) nur positives berichten:
Ich habe Motorrad und Equipment mit gemietet. Die Ausrüstung ist sehr gut, das Motorrad wurde vor der Fahrt frisch gewartet. Das konnte ich miterleben. Die Route ist anspruchsvoll. Die Unterkunft und Verpflegung (inbesondere, die selbst gemachte, der Frau des Veranstalters) ist super.
Und da kommem wir zur Kritik:
Enduro wandern ist bei jedem Anbieter was anderes.
Wir haben uns in 3 Gruppen aufgeteilt: schnell, Mittel und Genießer... So hieß es. Realität bei Arlit ist aber Hardrcore Enduro, Sonderprüfung und Rallye Etappe.
Wenn der Veranstalter ausschließlich Wettbewerbsenduros mit bringt und die Fahrer mit eigener Maschine auch nur mit diesen leichten aber wartungsintensiven Spezialgeräten (nicht eine GS 1200, keine Africa Twin, keine Teneré) antreten, hat das sicher Gründe.
Selbst die Erfahrenen sagten, bei Arlit wird immer so heftig am Kabel gezogen, dass die Motorradromantik etwas kurz kommt. Landschaft gewiesen, Windmühle gucken...keine Zeit.
Das ist aber der einzige Kritikpunkt und in Wahrheit macht das Geheize mir eh mehr Spaß, als noch einen Hügel zu bestaunen.
Abends gehe ich duschen...10 Minuten. Das Wasser ist braun. Ich komme raus, fahre mit dem Handtuch durchs Gesicht...dreckig... Ich gehe noch mal duschen.
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Tag 2
Am zweiten Tag wurden die Strecken etwas anspruchsvoller. Singletrails mit die so zugewachsen sind, dass man selbst liegend von des Ästen ausgepeitscht wird. Auf den Pfaden liegen 20 cm Baumstämme.
Erkenntnis des Tages:
Alles was tiefer ist als die Vorderachse, kann einfach überfahren werden. (O-Ton Guide Helmut). Auf den Kieswegen und Wiesen lassen wir es richtig fliegen. Manchmal zu sehr. Man sieht vor sich nur Staub und einen Helm.
Plötzlich einen 20 cm Spurrille. Das Hinterrad rutscht rein und das Motorrad keilt aus. Lenker linker Anschlag, rechter Anschlag, linker Anschlag und so weiter. Ich denke an die 80 die auf dem Tacho standen und daran, dass das richtig weh tun wird. Ich schaff es, das Vorderrad zu belasten und irgendwie.... gerettet. Ohne Frage, das war ein Hinweis.
Der Fahrer hinter mir hat nicht so viel Glück. Das Motorrad schüttelt ihn ab. Er fliegt durch einen Busch und in einen Graben.
Wir bergen sein Motorrad. Schweistreibend... Er will weiter fahren, aber Gabel krumm. Wir warten, bis einer mit 10er nuss im bordwerkzeug vorbei kommt und entspannen die Gabel.
Weiter geht es durch Pfützen, in denen das ganze Vorderrad verschwindet, anspruchsvolle Schlammwege und immer wieder Auffahrten. Oben frage ich mich oft, wie bin ich eigentlich hier hoch gekommen und wie komme ich wieder runter?
Ich stehe an der ersten Abfahrt am Tag und schüttle den Kopf. Helmut schnauzt: Jetzt fahr. Und ich fahre. Unten ein unfassbares high. Damit ist das Thema fast durch. Ein mulmiges Gefühl bleibt, aber kneifen ist kein Thema mehr.
Veranstalter Wolle gibt gibt in den Pausen Techniktipps und ich setze sie um. Ich fühle mich immer wohler auf dem Motorrad und dem Geläuf.
Fahre immer schneller, meine Technik wird besser und ich fühle mich richtig sicher auf dem Motorad. Die Gruppe sagt, ich sehe aus, "wie ein Fisch im Wasser". Wenn ich mag, kann ich in die mittlere Gruppe wechseln. Das wollte ich dann aber doch nicht. Ich kenne mich und muss es nicht übertreiben.
Pausen werden an Kies- und Sandgruben gemacht. Wolles Frau macht late macciato. Wir tauschen dabei immer wieder mopeds. Die 2takter machen mir am meisten Spaß.
Zwei, drei mal mussten wir Motorräder bergen. Zum Glück nicht meins.
Unterwegs wieder Vollgas-Etappen. Im Gebüsch lauert ein massiver Ast. Er erwischt mich am Oberschenkel. Au, das zeckt und schwillt sofort an. Ich reibe paar mal drüber, denke das wird lange blau sein und weiter.
Beim Abschlussbier kramen die Alten in Geschichten von Früher und Reden über Technik von damals.
Abends zähle ich meine blauen Flecken. Unter der Dusche bekomme ich die Zahnpastatube nicht mehr auf. Alle Kräfte verbraucht.
Geiler Tag.
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Tag 3
Der morgen an Tag 3 startet mit Problemen. Ich bekomme den Socken nicht an. Die Muskeln sind müde. Die linke Hand will sich nicht schließen. Vielleicht auch Nachwehen von gestern, als die Freeride in einer Spurrille heftig auskeilte und mich abwerfen wollte.
Es geht nicht nur mir so. An Tag 3 fahren alle in der Gruppe etwas ruhiger.
Auf dem Motorrad funktioniert die Hand... Sehr geil.
Ich fahre, schalte und bremse fast nur noch im Stehen. Es geht noch mal zum Spielen in die Kiesgrube vom Vortag und dann über singletrails, Schotterpisten, Wiesen und Waldstraßen Richtung Heimat.
Unterwegs hält der Guide und sagt, jetzt kommt eine lange Passage mit Wellen in denen das Motorrad mit samt Fahrer verschwindet. Die Gelegenheit, um Sprünge und wheelies zu üben. Wir sollen Spaß haben und er kommt hinterher. Ich fahre als erster und lasse es fliegen.
Unterwegs stehen Rentner mit Fahrrädern. Einer stellt sich quer zur Fahrbahn und sucht die Konfrontation.
Ich fahre Schritt an ihm vorbei und warte 100 Meter weiter auf die anderen. Schon zu Beginn der Tour wurden wir ermahnt, in solchen Situationen deeskalierend zu agieren. Alle kommen sauber durch. Ein anderer hat uns gefilmt. War aber alles legal...
Nach der Verpflegungspause ist es nicht mehr weit. Schade dass es endet und schade, dass es kein Schlusswort vom Veranstalter gibt. Die Leute verschwinden schnell.
Ich hab viel gelernt und weiß, ich kaufe keine Enduro. Aber nächstes Pfingsten bin wieder mit von der Partie... Meine Frau ist nicht glücklich darüber.