Liebes Tagebuch…
ich habe in den letzten Wochen viele Dinge vernachlässigt, meine Frau, meine Freunde, mein Motorrad, und ja, auch Dich. Stürmische Zeiten und das Hamsterrad dreht sich immer noch, zum Glück nicht mehr in dem Tempo wie vor drei bis vier Wochen. Was ist geschehen ?
Samstag 10. Juli
Es wurde spannend, einem bis dato von mir mit Verachtung gestraften japanischen Hersteller wird noch eine Chance gegeben. Okay passt, aber die aktuelle Farbkombi gefällt mir nicht.
Sonntag 11.Juli
Nach dem Frühstück im Netz nach Möglichkeiten für Kennzeichenhalter, LED Blinker, Spiegel, Lenker und Montageständer geschaut, passt, könnte nach meinem Geschmack alles erledigt werden.
Abends noch bei Mobile.de gecheckt was so auf dem Gebrauchtmarkt los ist. Treffer, mit dem Lack, den ich will!
Witzig, in Bernau, nord-östlich von Berlin, die Geburtsstätte meiner Mutter. Kindheitserinnerungen werden wach, von den Kurzurlauben im Osten bei der Verwandtschaft, für 25 DM pro Tag „Eintrittsgeld“. Im Alter von 13 Jahren mit einem geliehenen Fahrrad eingetaucht in eine Jauchegrube direkt neben einer russischen Panzerkaserne. Rettung durch russische Soldaten und Versorgung in der Kaserne. Habe mich nicht als Westdeutscher zu erkennen gegeben. Danach keine Hauptprobleme mehr.
Dienstag 13. Juli
Kontakt Aufnahme mit dem Besitzer der Kawa in Bernau. Kurzfristige Reise-Planung am nächsten Wochenende, Hotel muss noch gebucht werden. Die Rückreise am Folgetag über die Autobahn wird zwar nicht zu meinen schönsten Erinnerungen gehören, aber wird schon passen. So komme ich vielleicht doch noch auf meine durchschnittliche Kilometerleistung pro Jahr.
Donnerstag 15. Juli 00:32 Uhr
Sirenen heulen, wohl so ähnlich wie in Bernau vor gut 75 Jahren. Lautsprecherdurchsagen fordern uns auf das Haus sofort zu verlassen. Klamotten an und die wichtigsten Aktenordern in den Kofferraum. Beide Autos werden wohl überleben, die Mopeds bleiben zurück. Eigentlich doof, die Autos bedeuten mir eigentlich gar nichts.
An Schlaf ist nicht zu denken, wird wohl nach langer Zeit wieder sowas wie eine 36 Stunden Übung beim NATO-Alarm.
Mittags dann Entwarnung und Rückkehr ins Eigenheim, ich kann mir einen Blick unter die Haube meines Beast nicht verkneifen…es sollte einer der vorerst letzte Blicke für einige Tage werden.
Nachmittags wird das Werksgelände meiner Firma zum Betreten freigegen…bei dem Anblick meiner Werkshalle wird mir klar, ich werde Bernau nicht mehr so schnell zu Gesicht bekommen und der Vermehrungswusch für ein drittes Motorrad wird auf Grund von, nennen wir es ruhig Potenzprobleme, nicht in Erfüllung gehen.
Der Einstieg ins Hamsterrad beginnt….immer in Bewegung bleiben für den Wiederaufbau, 10-12 Stunden, jeden Tag. Arbeiten-Schlafen-Arbeiten-Schlafen, für das neue Wirtschaftswunder?
Abends in der Firma ein überraschender Anruf von
@türkish rossi , der Hilfe anbietet. Was für ein feiner Kerl. Ich denke kurz über die Wirkung von Voodoo Puppen nach. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen, was allerdings nicht lange anhalten wird :blush:
Sonntag18 Juli
Immer noch kein Strom in den Werkshallen, somit auch kein Licht und schon gar kein Netzwerk-Computer. Trotzdem organisiere ich mir ein Büro in einer oberen Etage mit Energieversorgung, direkt mit Ausblick auf eine Ampelkreuzung an der B237. Bekomme Herzschmerzen beim Anblick und Sound der Maschinen die zwangsweise anhalten müssen um im Anschluss den Gashahn aufdrehen.
Anweisung von Oben, soll mich aus den Aufräumarbeiten ausklinken und Instandsetzung Truppen für die Maschinen organisieren, im Dreischichtbetrieb und über die kommenden Wochenenden. Chaos bricht nicht nur in meinem Kopf aus.
Donnerstag 22. Juli
Tatsächlich, aber für mich nicht mehr nachvollziehbar, gelingt es zum großen Teil die geforderten Truppen aufzubauen. Aus ganz Europa stehen hier Mechaniker, Elektriker und IT-Spezialisten zum Teil 24 Stunden und 7 Tage zur Verfügung. So viele fremde Sprachen, bulgarisch, polnisch, tschechisch, italienisch und bayrisch (
@V6 Rußexpress :0307-ergeben: ).
Jetzt wird mir so langsam die Situation im alten Babylon klar. Hoffentlich dreht sich demnächst hier alles auch richtig herum.
Sonntag 25 Juli
Gemein, die Sonne scheint als ob nichts gewesen wäre. Der Blick auf die Ampelkreuzung macht die Sache nicht leichter. Am Nachmittag packt mich dann die Sehnsucht. Zu Hause angekommen und stur den Plan zum Fahren vor Augen. Meine Frau merkt, dass ich irgendwie platt bin und hält das für keine gute Idee….Bevor es meine letzte Fahrt wird, putze ich die Motorräder.
Dienstag 27. Juli
Schon wieder gemein. Alle im Forum bekommen eine persönliche Nachricht von Emilly, nur ich nicht. Ich schau zu Hause in den Ganz-Körper-Spiegel….ja scheiße, die Verpflegung in der Firma ist verdammt gut und auch für den Mäc kostenlos.
Freitag 30. Juli
Bekomme mit, das es
@Faraa und
@Freak69 beim Spaß am Sachsenring erwischt hat. Wer weiß wofür es gut ist das ich durcharbeite und nicht fahren kann..... rede ich mir ein.
Sonntag1. August
Die Sonne scheint, von der Ampelkreuzung dröhnt es beneidenswert… Arsch lecken, 15 Uhr Feierabend. Ich fühle mich fit, das Beast wird geweckt. Unbeschreiblich, fühle mich wie ein Seemann der nach 3 Monaten auf See durch die Herbertstraße ziehen darf, oder als Westfale nach Wochen im Untertagebau einen Tour über den Eierberg in Bochum macht.
Sonntag 7. August
Das Hamsterrad dreht sich zum Glück etwas langsamer, auch nicht mehr so lang.
Wer glaubt es gibt Dinge die nicht zu schaffen sind oder sogar unmöglich, der sollte sich ein Bild von hier machen.
Heute bereits um Mittag schon zu Hause. Programmierung für´s Qualifying erledigt. Soll heute Nachmittag einigermaßen trocken bleiben, vielleicht trifft man sich ja auf der Piste….die linke zum Gruß….
EDIT. Nur 10 Minuten nach dem letzten geschrieben Wort, Regen !
Was läuft da schief bei der Ausbildung zum Meteorologen? :blink::5badair: