Das kleine Holzkreuz auf dem Grünstreifen ist verwittert, die Blumen davor sind aber frisch.
Vor einem Jahr verlor Margareta S. (63) hier auf der Naupliastraße in Obergiesing ihr Leben – totgerast von einem jungen Motorradfahrer.
Jetzt hat Oliver H. (22) laut SZ seine Strafe bekommen: einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung, verhängt vom Münchner Amtsgericht.
Dabei soll es sich um eine Haftstrafe von maximal einem Jahr auf Bewährung handeln.
Witwer Johann S. (72) sitzt am Sonntagvormittag in seiner Wohnung.
Sie ist nur einen Steinwurf entfernt von dem Ort, wo seine Margareta ihr Leben verlor.
„Es ist in Ordnung so“, kommentiert der Rentner den Strafbefehl. „Jetzt kann ich mit dem Tod meiner Frau abschließen.“
Der Witwer verspürte nie Hass gegen den jungen Motorradfahrer. „Aber eine Strafe musste er bekommen. Schließlich hat er Schuld am Tod meiner Frau.“
Der Tag, an dem seine Margareta starb, hat sich bei dem 72-Jährigen für immer eingebrannt. Es ist der 27. Juni 2011, ein schöner Sommerabend.
Gegen halb sechs fährt Margareta S. mit dem Radl zum Tengelmann. Auf dem Rückweg schiebt die 63-Jährige ihr Radl über die vierspurige Naupliastraße,
die durch einen Grünstreifen getrennt ist. Von der dortigen Fußgängerfurt will sie die Straße weiter überqueren.
In diesem Augenblick kommt ein Motorrad mit fast 100 Sachen auf der linken Spur angeschossen.
Margareta S. wird erfasst, fünfzig Meter durch die Luft geschleudert und bleibt tot auf der Straße liegen.
Weil auch ein Porsche an der Unfallstelle steht, wird über ein Beschleunigungsrennen an einer Ampel am Mangfallplatz spekuliert.
Im Strafbefehl gegen den jungen Motorradfahrer ist ein Wettrennen jedoch kein Thema. Der Porsche-Fahrer wurde wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt.